BGH, Beschluss vom 29.07.2024, AZ VIII ZR 150/23

Ausgabe: 05 – 07/2024Miet- und WEG-RECHT

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein auf Rückerstattung überzahlter Miete gerichteter Anspruch des Wohnraummieters, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts – hier Arbeitslosengeld II (nunmehr: Bürgergeld) – als Bedarf für seine Unterkunft bezieht, auf den Sozialleistungsträger übergeht.

Sachverhalt:
Der Kläger war vom 1. September 2018 bis Ende Juni 2020 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Der Kläger, der zuvor in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt hatte, bezog bereits während dieser Zeit Leistungen nach Maßgabe des SGB II. Den – neben einem Mitmieter – auf ihn entfallenden Teil der Miete für den Monat September 2018 entrichtete der Kläger noch selbst; für die Folgemonate übernahm das zuständige Jobcenter die Zahlung der Miete.

Der Kläger hat unter anderem geltend gemacht, die Miete sei sittenwidrig überhöht; zudem sei sie von Mitte September 2019 bis in den März 2020 hinein wegen eines Wasserschadens in vollem Umfang gemindert gewesen.

Bisheriger Prozessverlauf:
Mit der Klage hat der Kläger die Rückerstattung überzahlter Miete für den Zeitraum von September 2018 bis Juni 2020 an sich (und seinen Mitmieter) verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen – nämlich in Höhe von rund 11.000 € – stattgegeben, weil die vereinbarte Grundmiete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als das Doppelte überstiegen und die Beklagte bei den Vertragsverhandlungen die Unterlegenheit des Klägers ausgenutzt habe. Zudem sei die Wohnung wegen eines Wasserschadens zeitweise nicht nutzbar und die Miete deshalb in dieser Zeit vollständig gemindert gewesen.

Während des von der Beklagten angestrengten Berufungsverfahrens hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Jobcenter wiederholt vergeblich um die Rückübertragung übergegangener Ansprüche auf den Kläger gebeten.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stünden dem Kläger die von ihm erhobenen Bereicherungsansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete nicht zu, weil sie gemäß § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch II (SGB II) auf den Sozialleistungsträger übergegangen seien. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass (etwaige) Ansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Sozialleistungsträger übergegangen sind.

Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll den Grundsatz des Nachrangs der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II sichern. Die Voraussetzungen des Forderungsübergangs waren hier erfüllt. Der Bereicherungsanspruch eines Mieters auf Rückerstattung überzahlter Miete gegen seinen Vermieter unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist ein Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist. Die geltend gemachten Bereicherungsansprüche sind für die Zeit entstanden, in der das Jobcenter dem Kläger Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts gewährt hat. Bei rechtzeitiger Rückerstattung der überzahlten Miete durch die Vermieterin wären diese Sozialleistungen auch nicht erbracht worden; hätte die Beklagte die überzahlten Summen nämlich rechtzeitig zurückerstattet, so hätte der Kläger sich diese Beträge zur Deckung seines Bedarfs anrechnen lassen müssen.

Dem gesetzlichen Anspruchsübergang steht es nicht entgegen, dass das Jobcenter die Bereicherungsansprüche gegen die Vermieterin weder selbst realisiert noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung auf den Kläger zurückzuübertragen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Dies betrifft ausschließlich den Verwaltungsvollzug, berührt jedoch nicht die Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruchsübergangs auf den Leistungsträger.

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