(Kiel) Eine sehr interessante Entscheidung zu der praxisrelevanten Thematik der Überschreitung von Baukosten, hat  das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg durch Urteil vom 07.08.2018 – 2 U 30/18, getroffen.

Darauf verweise die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

Folgender Sachverhalt lag dem OLG Oldenburg zur Entscheidungsfindung vor:

Der Kläger begehrte von dem beklagten Architekten Schadensersatz im Hinblick auf eine signifikante Kostenüberschreitung im Rahmen der Durchführung eines umfänglichen Bauprojektes.

Die Beklagte hatte sich im Rahmen einer mündlichen Auftragserteilung verpflichtet, Architektenleistungen zu erbringen. Es war die Durchführung zweier Bauteile zu unterschiedlichen Pauschalpreisen vereinbart worden.

Die von der Beklagten erstellten Planungen wurden bezüglich der Wirtschaftlichkeit derselben für das zu erstellende Investitionsobjekt einer Überprüfung unterzogen. Die von der Beklagten erfolgten Kostenzusammenstellungen waren Grundlage für die durchzuführenden Finanzierungsgespräche.

Während der Durchführung des Bauvorhabens waren durch die Beklagte zunächst  lediglich geringfügige Veränderungen der Kosten mitgeteilt worden. Im Zusammenhang mit der endgültigen Fertigstellung des Bauvorhabens August 2013 wurde der Kläger allerdings davon unterrichtet, dass sich die Kosten für den Bauteil I um EUR 697.698,78 und für den Bauteil II um EUR 523.868,05 erhöht hätten.

Im Hinblick auf diese Kostenänderungen tätigte der Kläger eine Umfinanzierung, wobei sich die Baukosten zwischenzeitlich – im Vergleich zu der ursprünglichen Zusammenstellung der Kosten vom 13.05.2011, die für den Bauteil I EUR 5.197.369,63 und für den Bauteil II EUR 5.248.770,19 betragen hatten, in signifikanter Art und Weise, nämlich für den Bauteil I um EUR 862.294,41 und für den Bauteil II um EUR 834.233,31 erhöht hatten. Die abschließende Bewertung der Erhöhung für den Bauteil I ist hierbei noch nicht erfolgt.

In dem erstinstanzlichen Verfahren hatte der Kläger behauptet, dass ihm ein Schaden durch die erhöhten Baukosten einerseits sowie die Kosten der Umfinanzierung andererseits entstanden sei. Er habe auf die ursprüngliche Kostenzusammenstellung vom 13.05.2011 vertraut. Diese sei die Grundlage für die Kalkulation und die Finanzierung des Bauvorhabens gewesen.

Sofern der Kläger Kenntnis von den Mehrkosten gehabt hätte, hätte er von der Durchführung des Bauvorhabens abgesehen bzw. hätte eine andere Durchführung gewählt. Sonderwünsche, die zu einem erhöhten Kostenaufwand geführt hätten, hätte es nicht gegeben. Auch sei der Verkehrswert des Grundstücks infolge der höheren Baukosten nicht gesteigert worden.

Die Vorinstanz, das LG Oldenburg hatte ein Grundurteil am 14.03.2018 – 1 O 1662/14 erlassen. Hiergegen hatte die Beklagte Berufung eingelegt, die im Ergebnis erfolgreich war, da das erstinstanzliche Grundurteil aufgehoben wurde und eine Zurückweisung an das LG Oldenburg erfolgte.

Das erstinstanzliche Urteil verstößt gegen § 538 Abs. 2 S. 1  Nr. 1 ZPO und weise einen wesentlichen Mangel auf, da der Erlass eines Grundurteils nur dann möglich ist, sofern alle Fragen zum Anspruchsgrund einer Beantwortung zugeführt worden sind. Weiterhin muss das Bestehen eines Anspruchs in irgendeiner Höhe wahrscheinlich sein.

Die Aufrechnungsforderungen des Beklagten sowie eine Vorteilsausgleichung gehören grundsätzlich zum Anspruchsgrund. Das Gericht muss daher eindeutig klarstellen, wenn es hierzu erst im Betragsverfahren Stellung nehmen will.

Darüber hinaus ist ein Grundurteil unzulässig, sofern sich – wie vorliegend der Fall – Fragestellungen zum Anspruchsgrund und zur Anspruchshöhe nicht in sinnvoller Art und Weise trennen lassen. Bei Haftungsfragen des Architekten wegen der Überschreitung eines vereinbarten Kostenrahmens sei in aller Regel eine derartige Verflechtung gegeben.

Der Bauherr muss im Hinblick auf die Vereinbarung eines Kostenrahmens zumindest darlegen, dass die Einhaltung einer bestimmten Maximalvorgabe vertraglich vereinbart war.

Jedenfalls träfe den Architekten eine gesteigerte Aufklärungspflicht, sofern er – wie es vorliegend der Fall gewesen ist – die Zusammenstellung von Kosten zum Zwecke der Finanzierung übernommen hat. Dem Architekten obliegt demgegenüber eine sekundäre Darlegungslast zu den aus technischer Sicht möglichen Kosteneinsparungen.

Die Entscheidung ist für das Baurecht insoweit von besonderem Interesse, als sich das OLG Oldenburg mit den prozessualen und materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Architektenhaftung im Hinblick auf eine Überschreitung von Baukosten auseinandersetzt.

Materiell-rechtlich sei das Architektenwerk dann mangelhaft, sofern der Architekt eine vereinbarte Baukostenobergrenze nicht einhält. Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei dem Kläger dahingehend, dass er zumindest darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass der Bauherr gegenüber dem Architekten seine Kostenvorstellung als Baukostenobergrenze geäußert haben bzw. zur Geschäftsgrundlage des Architektenvertrages erhoben haben muss.

Eine mangelhafte Kostenplanung und somit ein mangelhaftes Werk kann sich aber auch aus der Verletzung von Aufklärungspflichten seitens des Architekten ergeben. Dies kommt vorliegend im Hinblick auf die getätigten Kostenzusammenstellungen und die signifikante Abweichung von der Kostenermittlung vom 13.05.2011 im Zusammenhang mit den mitgeteilten Kosten im  August 2013 in Betracht.

Dem Kläger obliegt es hingegen im Rahmen seiner Darlegungs- und Beweislast, es zu präzisieren, welchen Schadensersatzanspruch er im Hinblick auf welche Pflichtverletzung verfolgt.

Demnach muss der Kläger auch darlegen, welche konkrete Aufklärungspflichtverletzung, unter Angabe von Zeit- und Umstandsmomenten, zu welcher konkreten Kostenänderung geführt hat. Hierzu muss der klagende Auftraggeber dann auch darlegen, wie er bei einer zutreffenden Kostenermittlung reagiert hätte, sofern auch eine Aufklärungspflichtverletzung nicht vorgelegen hätte.

Hierzu genügt es nicht, wenn der Kläger lediglich darlegt, er hätte das Projekt nicht oder jedenfalls nur in einer veränderten Fassung realisiert. Vielmehr muss der Kläger darlegen und beweisen, welche konkrete Reaktions- und Verhaltensweise er verfolgt hätte. Darüber hinaus muss er auch darlegen und beweisen, wie sich diese konkrete Reaktionsweise auf die Vermögenslage ausgewirkt hätte. Beweiserleichterungen in diesem Zusammenhang sind für den Kläger nicht gegeben, da eine typisierende Betrachtung, welche konkrete Verhaltensweise von einem Bauherrn an den Tag gelegt wird, sofern er von dem Architekten zutreffend und rechtzeitig zu den zu erwartenden Baukosten aufgeklärt wird, nicht gegeben sind.

Da der Rechtsstreit im Hinblick auf die Tatsachenaufklärung noch am Anfang stand, so stellte es das OLG Oldenburg fest, hat es die den Rechtsstreit an das LG Oldenburg nach Maßgabe des § 538 Abs. 2 ZPO zurückverwiesen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

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Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht /
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