(Kiel)  Der unter anderem für das Energielieferungsrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich in dem Verhandlungstermin am 19.07.2023 (Az.: VIII ZR 249/22 und VIII ZR 263/22) erstmals auch mit Rechtsfragen zu der Wirksamkeit der ab Mai 2019 geänderten Preisänderungsklausel in Fernwärmelieferungsverträgen eines Berliner Fernwärmeversorgungsunternehmens befassen.

Es handelt sich um zwei weitere von zahlreichen beim Bundesgerichtshof anhängigen und mittlerweile überwiegend entschiedenen Verfahren, in denen Ansprüche gegen ein Berliner Energieversorgungsunternehmen geltend gemacht werden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

  • Sachverhalt 

In beiden terminierten Verfahren beliefert die Beklagte die jeweiligen Kläger seit dem Jahr 2007 beziehungsweise seit dem Jahr 2013 auf der Grundlage von Allgemeinen Versorgungsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV mit Fernwärme. Hiernach stellt die Beklagte ihren Kunden einen verbrauchsunabhängigen Bereitstellungspreis und einen verbrauchsabhängigen Arbeitspreis in Rechnung, die sie nach Maßgabe im Vertrag vorgesehener Preisänderungsklauseln jährlich anpasst.

Nachdem das Kammergericht in einem anderen gegen die Beklagte gerichteten Rechtsstreit die auf den Arbeitspreis bezogene Preisanpassungsklausel für unwirksam erklärt hatte, legte die Beklagte ab Mai 2019 ihren Abrechnungen eine geänderte Preisanpassungsformel zum Arbeitspreis zugrunde, welche sie zuvor öffentlich bekannt gegeben hatte. Hiernach knüpfte die Veränderung des Arbeitspreises – ausgehend von einem Basisarbeitspreis des Jahres 2015 – jeweils hälftig einerseits an die jährlichen Veränderungen eines vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen und im Internet abrufbaren Wärmepreisindexes als Marktelement sowie andererseits an die jährlichen Veränderungen eines von der Energielieferantin der Beklagten im Internet veröffentlichten Tarifs als Kostenelement an. Die Preisanpassungsklausel sieht als Referenzjahre für das Markt- und das Kostenelement jeweils das Jahr 2018 vor. 

  • Bisheriger Prozessverlauf

Die Kläger haben von der Beklagten mit ihrer jeweiligen Klage die Rückerstattung der aus ihrer Sicht überzahlten Arbeits- und Bereitstellungspreise, die Feststellung der Unwirksamkeit der (ursprünglichen) Preisanpassungsklausel sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zur einseitigen Einführung der (neuen) Preisanpassungsklausel in den Energielieferungsvertrag ab Mai 2019 nicht berechtigt gewesen sei.

Die Berufungsgerichte haben in beiden Verfahren die Unwirksamkeit der (ursprünglichen) Preisanpassungsklausel lediglich im Hinblick auf den Arbeitspreis festgestellt und dem Rückzahlungsbegehren auf dieser Grundlage nur zum Teil entsprochen. Außerdem sahen die Berufungsgerichte – im Anschluss an die Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2022 (VIII ZR 175/19, abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html) – die Beklagte zwar als grundsätzlich berechtigt an, eine gegenüber den Klägern verwendete – von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksame gewordene – Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht.

Sie waren jedoch der Auffassung, auch die neue Preisanpassungsklausel sei nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam, da die Beklagte für verschiedene Berechnungsfaktoren des Arbeitspreises in der Klausel willkürlich unterschiedliche Referenzjahre gewählt habe, nämlich als Basisarbeitspreis das Jahr 2015 und für das Markt- und das Kostenelement jeweils das Jahr 2018. Hierdurch würden die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligt. Die Beklagte sei deshalb nicht berechtigt gewesen, diese Preisanpassungsklausel ab Mai 2019 in den Vertrag einzuführen.

Mit der von den Berufungsgerichten jeweils insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Feststellungsklage hinsichtlich der von ihr ab Mai 2019 verwendeten Preisanpassungsklausel und die Abweisung der Zahlungsklage, soweit diese auf der Annahme der Unwirksamkeit auch dieser Preisanpassungsklausel beruht, weiter.

Die Entscheidung des BGH ist insoweit von grundsätzlicher Bedeutung, als hieraus auch die Kriterien für wirksame Preisanpassungsklauseln im Werkvertragsrecht abgeleitet werden könnten. Denn die Frage, der Abwicklung von Werkverträgen in der Corona-Pandemie und im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise beschäftigt die am Bau Beteiligten nach wie vor. Die bisherigen Lösungsansätze im Hinblick auf Anpassungen nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach Maßgabe des § 313 BGB sind bei zerstrittenen Vertragsverhältnissen wenig hilfreich. Insoweit mag mit Spannung die Entscheidung des BGH abzuwarten sein.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

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Helene – Monika Filiz
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