(Kiel) Mit den Folgen fehlender konkreter planerischer Vorgaben hat sich das OLG Stuttgart mit Urteil vom 30.11.2021 – 10 U 58/21 auseinandergesetzt.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des OLG Stuttgart vom 30.11.2021 (10 U 58/21).

Inhaltlich stritten die Parteien über Pflichten zur Mängelbeseitigung im Zusammenhang mit vom Auftragnehmer erbrachten Arbeiten an einer Betonfertigteilfassade. Der Auftragnehmer war der Ansicht, dass eine Mängelbeseitigung (Durchbiegungen von Betonlamellen) mit den vorgegebenen Maßen unmöglich sei. Dies deswegen, weil – unter Zugrundelegung der Sachverständigenfeststellungen – die einschlägigen DIN-Normen nicht einzuhalten gewesen wären.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige hatte Vorschläge zur Mängelbeseitigung getätigt, die allerdings eine optische Veränderung der zu errichtenden Fassade bewirkt hätten. Aus diesem Grunde müsse der Bauentwurf einer Änderung zugeführt werden. Letzteres wurde von dem Auftraggeber nicht veranlasst. Insoweit fehle es an der entsprechend erforderlichen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers, die entsprechende planerische Vorgabe zu errichten bzw. zu verändern. Der Auftraggeber habe zwar eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung gegenüber dem Auftragnehmer ausgesprochen. Diese sei allerdings (derzeit) mangels Mitwirkungshandlung des Auftraggebers nicht auszuführen und damit unbeachtlich.

Dieser Rechtsauffassung des Auftragnehmers sind das LG und das OLG Stuttgart gefolgt. Das OLG Stuttgart entschied dahingehend, dass dem Auftraggeber – derzeit – keine Mängelansprüche gegenüber dem Auftragnehmer zustehen, da ihm eine Mitwirkungsobliegenheit obliegt. Insoweit fehlt es an einer rechtswirksamen Fristsetzung zur Nacherfüllung auftraggeberseits.

Beachtenswert ist diese Entscheidung insbesondere unter dem Aspekt, dass zwar einerseits eine mangelhafte Leistung des Auftragnehmers vorliegt, gleichwohl fehlte es an der entsprechenden Mitwirkungshandlung des Auftraggebers in Form einer Änderung der entsprechenden Planvorgaben.

Vor entsprechender Einleitung der prozessualen Durchsetzung hätte zumindest ein entsprechendes Angebot des Auftraggebers zur Änderung der Planvorgaben erfolgen müssen bzw. – sofern prozessual noch möglich – im Rahmen des Verfahrens nachgeholt werden müssen. Da dies allerdings nicht erfolgt war, folgte das OLG Stuttgart der Rechtsansicht des Auftragnehmers, wonach die Planung dem Auftraggeber obliege und insoweit – wegen unterlassener Mitwirkung – von der  Wirkungslosigkeit einer von ihm erfolgten Aufforderung zur Mängelbeseitigung (BGH, IBR 2008, 78; OLG Oldenburg, IBR 2019, 190; OLG Hamm, IBR 2009, 1321 – nur online) ausgegangen ist. In der Konsequenz war dem Auftraggeber auch der geltend gemachte Kostenvorschussanspruch nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B infolge des Fehlens einer wirksamen Aufforderung zur Mängelbeseitigung zu versagen.

Insoweit gilt es für diese praxisrelevante Fragestellung dahingehend zusammenzufassen, dass bei dem Vorliegen eines planungsbedingten Baumangels, dem Auftragnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Vorlage einer Sanierungsplanung zusteht (so bereits OLG Hamm, IBR 2011, 260). Innerhalb dieser Sanierungsplanung kann der Auftragnehmer zwar die Art und Weise der Mängelbeseitigung festlegen. Sofern die einzuleitenden Mängelbeseitigungsarbeiten allerdings eine Veränderung des optischen Gesamteindrucks bewirkt und darüber hinaus auch das Urheberrecht des planenden Architekten betroffen ist, ist die verbindliche Planvorgabe des Auftraggebers für die seitenerseits gewünschte Mängelbeseitigung unumgänglich.

Gegen das Urteil wurde Revision beim BGH eingelegt (Az.: VII ZR 881/21).

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de  – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

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